Nein, ich werde kein lyrisches Essay über Grodno schreiben. Vor einigen Jahren habe ich angefangen, auf die städtischen Umgestaltungen zu folgen, seit jeher versuche ich, lokale Architekten, Leiter УКСов, Ingenieure und Direktoren der Projektinstitute zu verstehen, die die Tapferheit übernehmen, das Gesicht, das Schicksal und die Zukunft unserer Stadt zu ändern.
So einfach, wie wir, einfache Bürger, jeden Tag Eis verkaufen oder Kinder behandeln, entscheiden sich andere Mitbürger, in Macht von ihrem Beruf, eine neue Brücke zu bauen oder eine alte zu lassen, abbauen eine oder zwei Hügeln bei dem Fuß des Berges, auf dem das Bernardiner kloster steht, oder nicht, bohren ein Loch für die Straße im Schloßberg oder lassen dieses scheinbar keinem nützliches Architekturdenkmal langsam zu zerfallen. Es ist wobei zu bemerken: es gab keine Pressekonferenz, keine offene Besprechung anlässlich der Rekonstruktion der Stadt. Die Journalisten in Gefahr der Durchfalles ziehen die reale Information heraus, benutzend ausschließlich persönliche Verbindungen.
Kaum zu glauben, dass sich nur ein anderthalbes Zehnt kompetenter Fachleute wagen, das Schicksal einer 300000-Einwohner Stadt zu entscheiden. Dabei diese kompetentesten Fachleute in den privaten Gesprächen «nicht für Presse» es gestehen, dass ihre eigenen Beschlüsse nur der Knebel für das reißende Rohr seien. Sie selber seien nicht von gestern und verstehen, dass die Alte Brücke, sogar rekonstruiert, das Prpblem des Überganges durch Neman im Stadtzentrum mit Ach und Krach und nur für die nächsten 10-20 Jahre löst. Sie wissen auch, man darf ja nicht einfach so das Relief der Altstadt ändern, Häuser in der Altstadt abreißen, sie verstehen, dass die Touristen kaum in die vom Verkehr überfüllte Altstadt gehen, sogar wenn es ihnen zur Verfügung auf Schritt und Tritt Casinos gestellt werden. Aber Geld, Geld, Geld… Wie bekannt entscheidet es alles. Entweder das Geld, oder Mangel an Geld.
Wie es schon auf der Web-Seite mitgeteilt wurde, fand am 19. April in Grodno unter Ausschluß der Öffentlichkeit wissenschaftlich-methodische Rada statt, auf der für Grodno enrste Fragen entschieden wurden. Es haben sich wohl dabei fast alle Interessenten versammelt, sowohl aus Grodno, als auch aus Minsk: Architekten, Ingenieure, Projektoren, leitende Vertreter der Denkmalschutzorganisationen und andere mehr. Die Rada wurde vom stellvertretendem Minister der Kultur Herrn Gridjuschko geleitet. Man hat nur … Grodnoer nicht eingeladen, die eigentlich die getroffenen Entscheidungen unmittlebar angehen. Ich meine natürlich keine Grodnoer von der Straße – wir wurden nicht eingeladen, Grodnoer Journalisten, die von der Rada angenommene Beschlüsse in die weiteste Öffentlichkeit bringen könnten. Dabei baten wir mehrmals um solche Einladung Mitarbeiter der Denkmalschutzverwaltung beim Ministerium der Kultur, insbesondere Herrn Tschernjawskij. Die Überlegungen der Rada-Teilnehmer sind klar: keiner will ja, dass die Beschlüsse von Grodnoern Architekten in der breiten öffentlichkeit besprochen werden – zu strittig sind diese Beschlüsse, immer wieder verletzen sie das Gesetz.
Erklären wir konkret. Im Artikel «Wissenschaftlich methodische «zdrada» kann man lesen, außer der Eintragung neuer Denkmäler in die Liste des historischen Erbes wurden auf der Rada noch Fragen der Rekonstruktion 2 Stadtviertel und zugleich des Abrisses einzelner Gebäude. Um eigene Worte nicht zu wiederholen und von einer Web-Seite zu der andereren nicht herumzuspringen, nennen wir nur, dass als Folge der so genannten Sanierung (O! Wie wichtig es ist, ein treffendes Wort zu finden!) Teile des Stadtviertels zwischen den Gorkogo-Mizkewitscha-Ostrowskogo-17.September-Dzershinskogo-Straßen , Häuser auf der Straßen Urizkogo (№№5, 12, 15, 21), Gorodnitschanskogo (№23), Sozialistitscheskaja (№44), und auch der rechte Flügel des Erzpriestershofes auf der Akademische-Straße (für die Kirche) abgerissen (oder zerlegt) werden mussten.
Herr Anisimow, der Hauptarchitekt von Grodno, äußerte seine Idee, die neue Welt abzureißen schon seit langem aus. Obwohl diese Idee ihm selber vor einem halben Jahr zu mutig und zu strittig schien, er befürchtete, dass die anderen sie nicht unterstützen. Scheinbar hat man seit dieser Zeit mit erwähnten «anderen» eine ernste Arbeit durchgeführt – und schließlich hat man die benötigte Bewilligung von der Rada gekriegt.
Der Abriß aber einzelner Gebäude im Herzen der Altstadt – im Bezirk von den kleinen Straßen Telmana-Gorodnitschnaskaja- Urizkogo-Kirowa – diese Idee ist offenbar relativ frisch. Wenigstens keiner von den Stadtbauarbeitern erwähnte sie mal. Sehr wahrscheinlich kam dieser Vorschlag als Antwort auf jemandes Anfrage, und ich fürchte, es sei nur der Anfang. Es gibt doch in Grodno Leute, die reich genug sind, um sich Wohnungen dort anzuschaffen, nicht unbedingt muss man Minsker oder Russen suchen. Es ist mehr als ein Prestigebezirk, darum kann man sich nicht zweifeln, dass es genug «Käufer» gefunden wird. Aber die Käufer sind gar nicht daran interessiert, für so viel Geld eine Wohnung im Stadtzentrum, aber in einem alten Haus zu kaufen, es ist günstiger etwas mehr zu zahlen und in einem bequemen Ort eine neue Wohnung oder eine Firma zu bauen. Welche Erwägungen vom Denkmalschutz?
Was das Haus auf Sozialistische-Strasse, 44 anbelangt, so ist es das schönste Gebäude Ende des 19 Jh. (Hätte es noch Pflege!), und sogar in seinem «ermordeten» Zustand bleibt es Verzierung der Straße. Wie merkwürdig heuchlerisch wir uns zu unserem Erbe verhalten: zuerst bringen es zum ДО РУЧКИ, zum Zustand, in dem der Patient eher tot ist, als lebendig, und erst danach treffen wir eine einfache Entscheidung – ZERSTÖREN. Das Prinzip ist klar: gibt es keinen Menschen (in diesem Fall kein Denkmal), so gibt es kein Problem. Im allgemeinen wäre es komisch, wenn es nicht so traurig wäre, dass alles, was die Agression von den Besatzern, für die das Grodnoer Altertum gleichgültig hätte sein sollen, nicht zerstört hat, was sogar die sowjetischen Reformatoren am Leben erhalten haben, werden jetzt mit seinen eigenen Händen die Leute vernichten, die zum Schaffen und Erhalten berufen sind: Architekten und Bauarbeiter – offenbar zugunsten der Finanzinteressen, es geht noch, wenn es sich um die Interessen der Stadt und nicht um die privaten Interessen handelt. Kein Geheimnis, dass es in der Menschenwelt entweder das Geld oder die Macht alles entscheiden, darum ist es nicht schwer zu erraten, was die Beamten dabei bewegt, wenn sie sich zum Abreißen von Architekturdenkmälern im Stadtzentrum entscheiden. «Wir haben schon Investoren, die bereit sind, im Stadtzentrum zu bauen und dort ihre Firmen unterzubringen», - erklären die Beamten. Selbstverständlich sind sie zu finden: eigene Firma im Stadtzentrum unterzubringen ist prestige, Quadratmeter neuer Räume kosten da später dicke Gelder. Aber was für ein Geheimnis, dass solcher Begriff wie «schmieren» und «Schmiergeld», von welchen viele Entscheidungen treffende Beamten und Organisationen leben. Ich erkühne mich nicht zu behaupten, aber ich meine, dass die abgerissenen Altstadtviertel mit einem hübschen Sümmchen Geld in die Stadtkasse oder in die Taschen der Beamten schon bezahlt oder noch bezahlt sein werden. Wer weiß, vielleicht würde es für den Bau einer neuen Brücke in Grodno reichen?! Übrigens die Heuchelei der Macht ist nicht zu vergleichen. Zu gleicher Zeit, wo die Altstadt vor den Augen der Stadtbürger zerstört wird, wird das freie Licht für das Schreiben des Lehrbuches in Geschichte von Grodno, und auch für die Erweiterung des Souvenirverzeichnisses mit den Ansichten der Altstadt (was denn noch?!) von Grodno, für das Erlernen des Kurses «Grodnowedenie» (Grodnoführung) in allen Schules des Gebiets. Es ist intessant, was die Schüler in ein paar Jahren, im Laufe derer die jetzigen kompetenten Leute noch in ihren Sesseln sitzen bleiben werden, in Grodno erlernen werden? Weil der Ring – der Verkehrsring – um die Altstadt, im Zentrum von dem sich der Sowjetskaja-Platz befindet, wird immer wieder enger, und bei den Grodnoer Historikern entstehen ganz begründete Befürchtungen: vielleicht wollen ja die lokalen Beamten das ganze Zentrum vom Bagger zum Teufel abreißen? Damit es (das Stadtzentrum) … die Entwicklung des Stadtverkehrsystems nicht stört. Wenn man sich nur vorstellt, wie sich diese ausgedehnten Arterien (Gorkij-Straße, Kosmonauten Prospekt, Vier-Spuren Alte Brücke) gegen das Stadtherz – Klöster und Kirchen – stemmen, taucht der Gedanke auf: was kommt denn weiter? Meinen Sie, sie wagen sich nicht zu sprengen? Aber einmal machten sie das mit фарный Kloster, ohne jeglichen Grund zu haben, an dessen Stelle wurde nichts gebaut. Alles, was gemacht wird, wird mit einer Absicht gemacht?
Und noch etwas. Es ist natürlich einfach, alle Grodnoer Historiker mit einem Wort «Opposition» zu brandmarken, und ihre Versuche, Grodno zu schützen, als Intrigen dieser Opposition zu nennen.
Aber ob ein gesunder Mensch im Bau und im Schutz von Denkmälern Politik sehen wird? Wird ein einfach kluger Mensch als Oppositioner einen Belarussen bezeichnen, der Belarussisch spricht? Mein Bekannter hat einen Sohn, der erst 5 Jahre alt ist und der kaum als Oppositioner bezeichnet werden kann, aber der im Geist unserer ideologisierten Ausbildung sogar im Kindergarten schon gelernt hat, dass er in Belarus lebt, dass er ein Belarusse ist. Er stellt regelmäßig die gleiche Frage: Vater, wenn wir Belarussen, warum sprechen wir dann kein Belarussisch? Wir sollten uns eigentlich schämen, dass wir unsere Sprache nicht können, wir nennen aber Oppositionere die Leute, die sie sprechen.
Übrigens ist es günstig. Es reicht, ein- oder zweimal das Wort «Opposition» am richtigen Platz zu sagen (in einem Ministerium, in der Verwaltung des Präsidenten), und bald hört man nicht mehr den Leuten zu, die diese angebliche Opposition vertreten. Kränkt auch die Tatsache, dass wenn sich die Vertreter der Opposition zum Problem des Denkmalschutzes wirklich anschliessen, wird die Sache endgültig verloren gehen.
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Kategorie: Grodno heute
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Veröffentlicht: 28. April 2007